Schulgeschichte

Geschichte und Entwicklung der höheren Schulen in Gevelsberg

„Das im Jahre 1832 von verschiedenen Interessenten in der Absicht gegründete Institut, ihren Söhnen eine höhere Ausbildung erteilen zu lassen, als sie in der Elementarschule erzielt werden kann, ohne dass es ihre materiellen Kräfte überstiege, hat sich als Zweck vorgesetzt, die denselben anvertraut werdenden Knaben für ihren zukünftigen Beruf als Kaufleute, Fabrikanten usw. vorzubereiten.“ (Kand. theol. Heyne, Gründer der privaten Rektoratsschule in Gevelsberg im Jahre 1832)

Diese Zielsetzung einiger Bürger stand am Beginn des höheren Schulwesens in Gevelsberg und führte im Jahre 1832 zur Gründung einer privaten Rektoratsschule in Gevelsberg durch jenen Kand. theol. Heyne, der die Schule anschließend 22 Jahre lang leitete. Es gab eine Klasse mit ca. 20 Schülern, die 26 Wochenstunden Unterricht u. a. in den Fächern Französisch, Englisch, Geschichte, Geographie, deutsche Sprache, Schönschreiben, Rechnen, Geometrie, Algebra und Zeichnen erhielten.

In den ersten 22 Jahren besuchten ca. 300 Schüler die beiden Unterrichtsorte in der Elberfelderstraße und in der Mittelstraße. 1846 gestattete die Bezirksregierung in Arnsberg vorübergehend auch die Aufnahme von Mädchen. Es war eine reine Bürgerschule, die Schüler entstammten hauptsächlich Fabrikanten-, Handwerker-, Beamten- und einigen Bauernfamilien. Arbeiterkinder sucht man vergeblich unter den Schülern.

1868 beschloss die Gemeindevertretung, die Anstalt auf Rechnung und Verwaltung der Gemeinde zu übernehmen und setzte zu diesem Zweck ein besonderes Kuratorium ein. Das Interesse der Gemeinde an der Schule hielt allerdings nicht lange an, schon 1878 wurde die Schule wieder geschlossen. Zuvor waren allerdings die Schülerzahlen stark zurückgegangen. Parallel dazu wurde aber 1878 erneut eine private Rektoratsschule gegründet, die wiederum 1892 – Gevelsberg hatte inzwischen 1886 die Stadtrechte erhalten – von der Stadt übernommen wurde. Bemerkenswerterweise äußerten die Stadtverordneten den Wunsch, auch Mädchen an dieser Schule zu unterrichten. Diesem Wunsche wurde allerdings seitens des Schulministeriums nicht entsprochen.

In den Jahren 1893 – 1913 vollzog sich die Entwicklung von der alten Rektoratsschule über den Ausbau zu einer Realschule (1893), der Angliederung eines Realprogymnasiums (1907 – 1910), schließlich zum Aufbau eines vollständigen Realgymnasiums. 1903 wurde ein neues Schulgebäude in der Neustraße bezogen. 1893 gab es 64 Schüler in 4 Klassen mit 4 Lehrkräften, 1913 wurden 400 Schüler in 12 Klassen von 21 Lehrern unterrichtet.

Der 1. Weltkrieg, in dem auch etliche Lehrer und ehemalige Schüler fielen, brachte starke Einschränkungen des Schulbetriebs mit sich. Erst im Schuljahr 1920/21 konnte wieder ein regelmäßiger und ungestörter Unterricht stattfinden. Die Schülerzahl nahm in den zwanziger Jahren weiter zu. Die Schule bot nach dem Bauplan Platz für 360 Schüler, 1923 betrug die Schülerzahl aber bereits über 500. Auch die Reformbewegungen im Schulsystem der Weimarer Republik hatten ihre Auswirkungen auf die Gevelsberger Schule, die seit 1926 nach dem Lehrplan des Reform-Realgymnasiums (besondere Pflege des westeuropäischen Gedankensystems) geführt wurde. 1931 wurde – auch aus wirtschaftlichen Gründen – die höhere Mädchenschule in Gevelsberg aufgelöst und die Schülerinnen wurden z. T. nach einer Aufnahmeprüfung in das Reform-Realgymnasium aufgenommen. Die wirtschaftlichen Probleme führten auch zu drastischen Sparmaßnahmen, wie z. B. zu einer allgemeinen Verminderung der Lehrstunden, die allerdings dafür von 45 auf 50 Minuten verlängert wurden. Überzählige Lehrkräfte wurden versetzt bzw. vorzeitig pensioniert.

Während der Zeit des Nationalsozialismus spiegelte sich der „alltägliche“ Faschismus auch am Gevelsberger Gymnasium wider. Jüdische Schüler wurden von der Schule vertrieben, unliebsame Lehrer wurden versetzt oder entlassen. Im Verlauf des 2. Weltkrieges wurde der Schulbetrieb durch die Kriegsereignisse immer stärker belastet und kam gegen Ende des Krieges völlig zum Erliegen. Nach der deutschen Kapitulation blieben alle Schulen auf Anordnung der alliierten Militärregierung zunächst geschlossen. Der Antrag auf Wiedereröffnung wurde im Oktober 1945 gestellt und der provisorische Unterrichtsbetrieb wurde am 1.2.1946 mit 8 Unterrichtsabteilungen und 9 Lehrkräften wieder aufgenommen.

Seit 1949 wurde die Schule als mathematisch-naturwissenschaftliches Gymnasium betrieben. Durch die steigenden Schülerzahlen wuchs die Raumnot in den fünfziger Jahren erheblich und musste durch etliche Provisorien bis zur Einweihung von zwei Anbauten im Jahre 1957 überbrückt werden. Zwei Jahre zuvor war bereits eine Sporthalle gegenüber dem Gymnasium errichtet worden. Ein weiteres Problem war in den folgenden Jahren der große Lehrermangel, der zu erheblichen Unterrichtseinschränkungen führte. Seit 1974 wurde die differenzierte Oberstufe als Reformmaßnahme am Städt. Gymnasium Gevelsberg eingeführt. 1979 nahm die Zahl der Schüler auf über 1000 zu. 1982 erfolgte der Umzug des Städt. Gymnasiums in das neue Gebäude im Schulzentrum West. Schul- und Unterrichtsentwicklung führten seitdem zu einem neuen Bedarf an Bauten, auf die der Schulträger verständnisvoll reagierte. So bietet der Neubau seit 2000 den Schülerinnen und Schülern der Erprobungsstufe einen festen Lernort. Im Zuge der Entwicklung des offenen Ganztages kam eine Mensa hinzu, die heute ein Zentrum des außerunterrichtlichen Schullebens darstellt.

Zu Beginn des Schuljahres 2023/2024 besuchen insgesamt 928 Schülerinnen und Schüler die Schule. Pro Schuljahr werden 4-5 Eingangsklassen eingerichtet. 70 Lehrerinnen und Lehrer unterrichten als Teil- oder Vollzeitkräfte.